Hinrich Franck Werner Neumann Claus Fischer Hardy Fischötter
keyboards, voc guitar, backvoc e-bass, backvoc drums

 

Knochentrocken

Portrait der Franck Band

Zur Franck Band paßt ein Diktum des amerikanischen Filmregisseurs Peter Bogdanovich (The Last Picture Show): Alle guten Filme sind längst gedreht - es kommt lediglich darauf an, sie neu zu inszenieren. Das Zitat aus den siebziger Jahren ist keineswegs veraltet, sondern eine Prognose für ein Phänomen von heute: Das beliebte Bild vom "postmodernen Supermarkt der Musik", alles liegt, dank medialer Vermittlung, offen vor unseren Ohren: Dritte Welt und Abendland, Folkloristisches und Kunstmusik, die digitalen Klangspeicher (Sampler) tun ihr übriges.

Nun steuert die Franck Band nicht alle Auslagen an, aber bedient sich in diesem Supermarkt doch mit seltener Frechheit und Kompetenz: Swing - und Bebop-Zitate, Schlager-Sentenzen, Punk-Fetzen, Funk-Patterns bis zu komplexeren Varianten a la "M-Base" - alles schon mal dagewesen! Nur nicht in dieser Mischung, dieser speziellen Inszenierung, seit 1989 zu einer eigenen Form entwickelt.

Denn es tobt hier keineswegs der Gratismut der hiphop-Jünger, die ihre Maschinen mit den schönsten Stellen ihrer Plattensammlung gefüttert haben. Die Franck Band lebt von knochentrockenem Handwerk und einem rigiden Gestaltungswillen ...

... Die Franck Band ist auf betörende Weise zugleich sehr amerikanisch und sehr deutsch. Die Rhythmusgruppe - Claus Fischer (bg), Hardy Fischötter (dr) - hat die oft triolischen Funk-Grooves "amtlich" im Griff wie die Amerikaner, und zwar so, daß sie sich erlauben kann, den rhythmischen Rundlauf bisweilen bis an den Rand des Stotterns zu dehnen. Die Textmelodik aber, die herausgeschleuderten Wortfetzen ("pitched mouth noice" würde Frank Zappa sagen) stammen von ganz woanders: Hinrich Franck (keyb, voc) inszeniert hier Teile seiner Biographie: Fragmente der Neuen Deutschen Welle und Jazzpianohandwerk.

In diesem Quartett kokettiert er gern - wie im Titel der gleichnamigen CD (1991) - mit dem "Loser"-Image des Jazz, dem er freilich immer wieder eins überbrät, das ist, sagt er, "wie bei einem Kind, das seine Eltern liebt, aber wenn es sich mit Gleichaltrigen über seine Eltern unterhält, dann ironisch kommentierend". Die Franck Band nimmt den Jazz aus einer Rock-Perspektive auf die Schippe - und beherrscht ihn doch völlig.

Michael Rüsenberg, WDR

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